Ob im Straßenverkehr, auf der Arbeit oder zuhause – Notfälle kann es überall geben und du kannst nur eins falsch machen: Nicht zu helfen. Selbst wenn Krankenwagen im Schnitt nur fünfzehn Minuten brauchen, kommt es auf Ersthelfer an. Wer sofort Erste Hilfe leistet, wendet vielleicht Fall einen lebensbedrohlichen Verlauf ab.
Viele kennen Erste-Hilfe-Kurse nur vom Führerschein und vergessen schnell ihre gesetzliche Erste-Hilfe-Pflicht. Unser Ratgeber erklärt dir, welche Regeln gelten, wer einen Erste-Hilfe-Kurs absolvieren muss und wie du zum wichtigsten Glied der Rettungskette wirst.*
Erste Hilfe umfasst erste Maßnahmen, die bei Notfällen menschliches Leben retten, lebensbedrohliche Entwicklungen abwenden und Erkrankte und Verletzte bis zum Eintreffen professioneller Hilfe stabilisieren und schützen.
Menschen, die Erste Hilfe leisten, sind als Ersthelfer bekannt. Damit sind jedoch oft Personen gemeint, die regelmäßig Erste-Hilfe-Kurse absolvieren. Doch auch ohne Training sind in Deutschland alle gesetzlich zur Ersten Hilfe verpflichtet. Ausnahmen gelten nur, wenn die eigene Gesundheit in unzumutbarer Weise gefährdet ist. Wer in Notfällen grundlos nicht hilft, macht sich unterlassener Hilfeleistung schuldig.
Da lebensrettende Sofortmaßnahmen entscheidend sind, genießen Menschen, die Erste Hilfe leisten, automatisch Versicherungsschutz. Schäden, die durch Rettungsmaßnahmen an Eigentum und Kleidung eines Verletzten entstehen, werden Ersthelfern nicht zur Last gelegt. Auch Gesundheitsschäden durch falsche Sofortmaßnahmen haben keine Folgen, sofern Ersthelfer nicht wissentlich falsch oder grob fahrlässig handeln.
Maßnahmen zur Rettung in Not geratener Personen gehen weit in die Geschichte zurück. Doch sei es der „Capsarius“ genannte Erstversorger römischer Legionäre oder Napoleons Arzt Dominique Larrey, der ein Sanitätskorps gründete: Erste Hilfe kam historisch vor allem Soldaten zugute.
Standardisierte zivile Wiederbelebungstechniken zur Beatmung Ertrunkener wurden erstmals 1774 durch die englische Royal Humane Society (damals noch unter dem Namen Society for the Recovery of Persons Apparently Drowned) eingeführt. Die Grundlagen für heutige zivile Erste-Hilfe-Kurse gehen auf das 1863 gegründete Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) und den preußischen Militärarzt Friedrich von Esmarch zurück, der Erste-Hilfe-Techniken im zivilen Samariterwesen lehrte.
Eine Erste-Hilfe-Ausbildung in Deutschland ist keine Pflicht, sondern kontextabhängig. Beim Führerschein ist die Absolvierung eines Erste-Hilfe-Kurses Voraussetzung. Betriebe wiederum müssen je nach Mitarbeiterzahl genügend Ersthelfer zur Verfügung zu stellen. Ein Durchfallen bei Erste-Hilfe-Übungen gibt es nicht, auf der anderen Seite gibt es aber auch lediglich eine Teilnahmebestätigung und keine Noten.
Zu den Hauptanbietern für Erste-Hilfe-Kurse gehören:
Deutsches Rotes Kreuz
Johanniter
ADAC
Malteser
Für den Kursbesuch brauchst du:
Notizblock und Stifte
Personalausweis
Kursgebühr in bar
Wetterfeste Alltagskleidung
Die Erste-Hilfe-Bescheinigung beim Führerschein gilt lebenslang und muss nicht erneuert werden. Obwohl empfohlen wird, sie alle zwei Jahre aufzufrischen, ist die Bereitschaft dazu gering. Bedenkt man jedoch, dass die meisten Unfälle im Haushalt passieren, gehört Soforthilfe-Kompetenz zu den sinnvollsten Dingen, für die du zahlen kannst.
Früher wurde noch in kleine und große Erste-Hilfe-Kurse unterschieden. Seit 1. Januar 2016 sind die Kurse für alle Führerscheinklassen gleich. Entsprechend § 19 der Fahrerlaubnis-Verordnung umfasst ein Kurs neun Unterrichtseinheiten á 45 Minuten. Die Teilnahme kostet zwischen 20 und 40 Euro.
Betriebe sind gesetzlich dazu verpflichtet, ausreichend Ersthelfer zu stellen. Die Mindestzahl betrieblicher Ersthelfer bestimmt sich wie folgt:
Mindestens ein Ersthelfer bei 2 bis 20 Mitarbeitern
Bei mehr als 20 Mitarbeitern: 5 % Ersthelfer in Verwaltungs- und Handelsbetrieben, 10 % Ersthelfer in sonstigen Betrieben, ein Ersthelfer pro Kindergruppe in Kindertagesstätten, 10 % Ersthelfer in Hochschulen
Betriebe müssen alle zwei Jahre für eine Auffrischung der Ausbildung sorgen.
Ersthelfer sind das erste Glied in der Rettungskette. Die Rettungskette bezeichnet alle Stationen, die Notfallpatienten von Sofortmaßnahmen bis zur Aufnahme im Krankenhaus durchlaufen. Die Rettungsmaßnahmen variieren je nach Notfall. So ist bei Verkehrsunfällen die Absicherung des Unfallortes Beginn der Rettungskette, während bei Haushaltsunfällen der Notruf die erste Handlung sein sollte.
Eine Rettungskette umfasst folgende Stationen:
1. Absichern der Unfallstelle/Eigenschutz
Ersthelfer sichern die Unfallstelle ab, um sich selbst, Unfallopfer und Verkehrsteilnehmer zu schützen. Die Warnblinkanlage wird eingeschaltet und das Warndreieck aufgestellt.
2. Rettung aus Gefahrenbereich
Liegt der Unfallort auf der Straße oder liegen Brand-/Rauchentwicklung bzw. andere Gefahrenquellen vor, sind Unfallopfer in Sicherheit zu bringen. Hierbei ist nach Verletzungsgrad abzuwägen, ob ein Transport möglich ist und ob Ersthelfer sich in unzumutbarer Weise selbst gefährden.
3. Notruf alarmieren
Sind Unfallstelle und Notfallpatienten gesichert, ist der Notruf unter der europaweiten Notrufnummer 112 so schnell wie möglich abzusetzen.
4. Erste-Hilfe-Maßnahmen
Erste-Hilfe-Maßnahmen orientieren sich am Zustand der Erkrankten/Verletzten. Die ersten Schritte sind:
Opfer laut ansprechen, um Bewusstlosigkeit zu überprüfen
Atmung überprüfen (erkennbar durch Heben und Senken des Brustkorbes oder Atemgeräusche)
Falls Atmung vorhanden: stabile Seitenlage
Falls keine Atmung: Herz-Lungen-Wiederbelebung
Bei starken Blutungen: Blutstillung und Druckverband
Bei Herzinfarkt: Oberkörper erhöht lagern, enge Kleidung öffnen
5. Erste Hilfe bis Rettungsdienst eintrifft
Ersthelfer bleiben bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes bei Notfallpatienten und führen im Fall von Atemstillstand durchgehend Wiederbelebungsmaßnahmen durch.
6. Rettungsdienst
Bei Eintreffen des Notarztes übernehmen professionelle Rettungshelfer die Notfallversorgung.
7. Krankenhaus
Letzte Station der Rettungskette ist die Einlieferung in die Notaufnahme. Die Notfallrettung geht hier in die ärztliche Behandlung über.
Erste-Hilfe-Kurse vermitteln Zivilpersonen entscheidende Nothilfe-Grundlagen. Denn zunächst kommt es darauf an, dass und nicht wie du hilfst. Dazu brauchst du kein medizinisches Fachwissen, sondern rudimentäre Rettungskenntnisse.
Selbstschutz und Notruf stehen im Notfall ganz oben. Begib dich nicht in unzumutbare Gefahren und trage zum Infektionsschutz Einweghandschuhe aus dem Verbandskasten. Wichtig ist ein schnellstmöglicher Notruf 112. Dabei kommt es auf die fünf W an:
Wo ist der Unfall?
Wer ruft an?
Was ist passiert?
Wie viele sind betroffen?
Warten auf Rückfragen.
Stabile Seitenlage sorgt bei Bewusstlosigkeit dafür, dass Atemwege freibleiben und Körperflüssigkeiten nicht zu Atemstillstand führen. Der Ablauf der stabilen Seitenlage ist wie folgt:
Knie dich neben Verletzte. Strecke den von dir aus inneren Arm des Verletzten mit nach oben angewinkeltem Ellbogen nach außen.
Führe den von dir aus äußeren Arm über den Oberkörper des Verletzten und lege seine Handfläche auf die gegenüberliegende Wange.
Winkle den von dir aus äußeren Oberschenkel nach oben an.
Zieh den Verletzten am angewinkelten Oberschenkel zu dir. Der Verletzte rollt auf die Seite. Der angewinkelte Oberschenkel stützt den Körper.
Überstrecke den seitlich gelagerten Kopf vorsichtig nach oben und hinten. Öffne den Mund, so dass sich keine Flüssigkeiten im Rachenraum sammeln. Die Hand an der Wange stabilisiert den Kopf.
Kreislauf- bzw. Atemstillstand erfordern schnelles Handeln. Sollte kein AED-Defibrillationsgerät in der Nähe sein, ist die Herz-Lungen-Wiederbelebung einzuleiten. Setze den Notruf ab, bevor du die Wiederbelebung beginnst.
Auf Brusthöhe neben Verletzten knien.
Handballen auf unteres Drittel des Brustbeins legen, anderen Handballen auf Handrücken setzen.
Mit ausgestreckten Armen und Eigengewicht Brustkorb 30 Mal hintereinander senkrecht von oben fünf bis sechs Zentimeter eindrücken.
Anschließend Kopf des Verletzen nach hinten neigen und Kinn anheben.
Daumen und Zeigefinger deiner stirnseitigen Hand verschließen die Nase, die kinnseitige Hand öffnet den Mund.
Einatmen und Lippen dicht um den Mund legen.
Ca. 1 Sekunde lang in den Mund des Verletzten blasen, so dass sich der Brustkorb hebt.
Erneut einatmen und ein zweites Mal beatmen.
Bei anhaltendem Atemstillstand gilt: Abwechselnd 30 Mal Herzdruckmassage und 2 mal Beatmen, bis Atmung feststellbar ist oder der Notarzt eintrifft.
Starke Blutungen müssen schnell gestillt werden. Nutze hierzu sterile Materialien aus dem Verbandskasten oder sauberen Stoff. Trage zum Selbstschutz Einweghandschuhe. Bei Starkblutungen lege einen Druckverband an:
Wundkompresse auf Wunde legen.
Kompresse mit Verbandsmaterial auf der Wunde umwickeln.
Aufgerollte Mullbinde als Druckmittel auf verbundene Wunde legen, fest umwickeln und befestigen.
Autofahrer müssen über folgende Ausstattung verfügen: Warndreieck, Warnweste und Erste-Hilfe-Kasten. Damit ist für die Unfallortsicherung und Erste Hilfe optimal gesorgt. Erste-Hilfe-Materialien sollten aktuell sein und gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Autofahrer müssen Verbandskästen der DIN-Norm Nr. 13164 besitzen.
Betriebe müssen bei unter 50 Mitarbeitern über einen kleinen Verbandskasten DIN 13157 und bei über 50 Mitarbeitern über einen großen Verbandskasten DIN 13169 (entspricht 2x Din 13157) verfügen.
Halte dich an folgende Schritte, um bei Verkehrsunfällen Erste Hilfe zu leisten:
1. Selbstschutz:
Stell dein Fahrzeug in sicherem Abstand am rechten Fahrbahnrand oder auf dem Pannenstreifen ab. Mach dich mit Unfallstelle und Gefahrenquellen vertraut. Schalte die Warnblinkanlage ein und lass ggfs. die Scheinwerfer an.
2. Unfallstelle absichern
Zieh die Warnweste an, nimm Verbandskasten und Warndreieck und bewege dich hinter der Schutzplanke oder am Fahrbahnrand. Für das Positionieren des Warndreiecks am Fahrbahnrand gilt:
Innerorts: ca. 50 Meter von der Unfallstelle
Außerorts: ca. 100 Meter von der Unfallstelle
Autobahn: Mindestens 150 Meter von der Unfallstelle
3. Notruf absetzen
Wähle 112 und verständige Rettungskräfte schnellstmöglich.
4. Unfallopfer in Sicherheit bringen
Prüfe, ob Verletzte eingeklemmt sind, und bring sie, soweit zumutbar, aus der Gefahrenzone. Halte deinen Kopf nicht zwischen Verletzte und Armaturenbrett, wenn Airbags nicht ausgelöst wurden. Öffne den Sicherheitsgurt. Dreh den Rücken des Verletzten zu dir. Lege den Unterarm des Unfallopfers vor seinen Bauch, greife unter die Achselhöhlen und umfasse den Unterarm, um das Unfallopfer herauszuziehen.
5. Erste-Hilfe-Maßnahmen einleiten
Vergewissere dich über den Zustand der Verletzten:
Stelle den Bewusstseinszustand fest (Direkte Ansprache, Berührung).
Stelle die Atmung fest (Bewegung des Brustkorbs oder Luftstrom an deiner Wange prüfen).
Auf starke Blutungen untersuchen.
Ist die Person bewusstlos, nicht schwer verletzt und atmet, bringe sie in die stabile Seitenlage. Bei starken Blutungen lege einen Druckverband an. Bei Atemstillstand führe die Herz-Lungen-Wiederbelebung bis zum Einsetzen der Atmung bzw. bis zum Eintreffen des Notarztes durch.
6. Weitere Versorgung
Lass betroffene Personen nicht allein und prüfe regelmäßig den Zustand. Die weitere Versorgung umfasst:
Knochenbrüche ruhigstellen
Wunden mit Verbänden versorgen
Sichere, bequeme Lagerung
Beruhigung und Ermutigung
Erste-Hilfe-Einrichtungen und -Ausstattungen sind durch spezielle Markierungen gekennzeichnet. Europaweit bestehen Erste-Hilfe-Zeichen aus einem weißen Symbol auf grünem Untergrund.
Wichtige Zeichen:
Erste Hilfe: Weißes Kreuz auf grünem Untergrund
Notruftelefon: Weißes Kreuz + Telefon auf grünem Untergrund
Erste Hilfe Zusatzzeichen: Weiße Richtungspfeile auf grünem Untergrund
AED/Defibrillator: Weißes Kreuz + weißes Herz mit Blitz auf grünem Untergrund
PKW-Fahrer müssen Erste-Hilfe-Übungen nicht auffrischen. Es wird aber empfohlen Nothilfekenntnisse alle zwei Jahre durch einen Erste-Hilfe-Kurs zu erneuern. Betriebliche Ersthelfer müssen ihre Bescheinigung alle zwei Jahre erneuern.
In Zeiten von Corona ist Erste Hilfe mit großer Verunsicherung verbunden. Trotzdem musst du im Notfall Hilfe leisten. Gesetzlich ändert sich in Zeiten erhöhter Ansteckungsgefahr nichts an der Soforthilfepflicht.
Auf folgende Besonderheiten ist während Corona zu achten:
Das Rote Kreuz empfiehlt bei Herz-Lungen-Wiederbelebungen auf die Beatmung zu verzichten und nur die Herzdruckmassage durchzuführen.
Sind Corona-Risikopatienten Ersthelfer sollten Sie sich auf die Unfallsicherung und den Notruf beschränken.
Hinterlege Kontaktdaten bei Rettungskräften, falls Corona bei Verletzten festgestellt wird.
*Disclaimer: Dies ist ein einführender Service-Text zum Thema und kein professioneller Ratgeber. Für die Vollständigkeit bzw. Korrektheit der hier gemachten Angaben übernehmen wir keine Verantwortung. Bitte informiere dich bei einschlägigen Institutionen eingehender zum Thema!
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