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Erlkönig: Alles zu den getarnten Prototypen
Fast so lange wie es Autos gibt, gibt es Medien, die über sie berichten. Das britische Magazin “Autocar” bezeichnet sich selbst als erste Autozeitschrift der Welt – die erste Ausgabe erschien 1895. Besonders gern enthüllen Medien Fotos und Details neuer Automodelle, bevor die Hersteller diese offiziell vorstellen. Dabei zeigen sie häufig Fotos getarnter Prototypen eines neuen Autos – der sogenannten Erlkönige.
Wieso aber heißen getarnte Erprobungsfahrzeuge überhaupt Erlkönig? Warum fahren die Autos so unterschiedlich stark getarnt durch die Gegend? Einige Geheimnisse der Branche, die deine Neugierde befriedigen, erfährst Du hier.
Woher kommt der Name Erlkönig beim Auto?
Den Erlkönig dürfte jeder in der Schule kennengelernt haben – es handelt sich um eine Ballade von Johann Wolfgang von Goethe, die mit den Worten beginnt: “Wer reitet so spät durch Nacht und Wind? Es ist der Vater mit seinem Kind”. Den Bezug zum Auto erfand die deutsche Autozeitschrift “auto motor und sport” im Jahr 1952. Damals begann die Zeitschrift damit, Schnappschüsse von Erprobungsfahrzeugen im Heft zu veröffentlichen. Sehr zum Missfallen der Autoindustrie, die damit die Kontrolle darüber verlor, wann und wie ihre Neuheiten erstmals öffentlich zu sehen sind.
Als Bildunterschrift verwendeten die Journalisten umgedichtete Versionen des Erlkönigs von Goethe, um die Konzerne milder zu stimmen. Nach einigen Folgen nannte die Redaktion die Rubrik dann “Erlkönig”. Als erster Erlkönig gilt der Mercedes-Benz 180 (W 120, 1953–1962), ein damals sehr innovatives Fahrzeug. Deshalb ärgerte es Mercedes sehr, dass bereits ein Jahr vor Premiere davon Fotos veröffentlicht wurden. Daraufhin begann die Autoindustrie ihre Prototypen zu tarnen und der Erlkönig ward geboren.
Daher kommt das Muster der Erlkönig-Tarnfolie
Der britische Künstler Norman Wilkinson erfand 1918 das sogenannte Dazzle-Muster zur Tarnung von Kriegsschiffen. “To dazzle” bedeutet auf Deutsch “verwirren”, und genau das ist der Zweck des Tarnmusters. Insgesamt soll die britische Marine im ersten Weltkrieg 4.000 getarnte Kriegsschiffe eingesetzt haben. Dieses Muster übernahmen die Autohersteller. Der Sinn: Selbst, wenn es Fotografen gelingt, einen Prototyp auf Erprobungsfahrt zu fotografieren, zeigen die Bilder dennoch nicht das genaue Design der Autos. Die Folie verschleiert Konturen, Details und Proportionen.
Darum fahren Erlkönige auf öffentlichen Straßen
Die Entwicklung eines neuen Autos dauert meist zwischen drei und sechs Jahren. Wenn ein neues Auto auf den Markt kommt, startet also kurz danach bereits die Entwicklung des Nachfolgers. Bevor ein neues Automodell eine Zulassung erhält, wird es während der Entwicklung umfangreichen Tests unterzogen. Dabei erproben die Hersteller am Polarkreis die Wintertauglichkeit oder in der Wüste die Hitzetauglichkeit des Autos, setzen es starkem Regen oder schlechten Straßenbelägen aus.
Viele der Tests geschehen auf hermetisch abgeriegelten Testarealen – aber nicht alle. Spätestens etwa ein Jahr vor dem Produktionsstart müssen sich die Autos im Straßenverkehr bewähren. Erst dort zeigt sich, ob das, was die Entwicklungsabteilungen sich ausgedacht haben, auch beim Kunden funktioniert oder ob Änderungen nötig sind. Für diese Tests tarnen die Autohersteller ihre Prototypen, um trotzdem ihre Betriebsgeheimnisse zu wahren.
So läuft die Tarnung beim Erlkönig ab
Das aufs Auto folierte Dazzle-Muster ist längst nicht mehr das einzige Mittel der Autohersteller, ihre Prototypen zu tarnen. Bei BMW beispielsweise sind vier Mitarbeiter für die Tarnung von Erlkönigen zuständig. Gemeinsam mit den Entwicklern bereiten sie neue BMW-Modelle für Straßentests vor. Die Hersteller besitzen einen ganzen Werkzeugkoffer an Tarnmaterialien und Technologien. Dabei gibt es drei Stufen der Tarnung. Der erste Schritt sind voll getarnte Auto-Prototypen. Dabei werden große Teile der Karosse mit Hartschalen verkleidet, die Scheinwerfer getauscht und alle freien Flächen beklebt. Renault-Nissan verwendet in diesem Stadium eine Art Neoprenanzug fürs Auto – einen Schutzüberzug, in dem die Karosserie komplett verschwindet.
In der zweiten Stufe verschwinden die Hartschalen. Erst das erlaubt genaue Rückschlüsse auf Auswirkungen der Gewichtsverteilung oder das Windverhalten des Prototyps. Die Scheinwerfer stammen meist noch aus einem anderen Modell, die Karosserie ist mit einer Tarnfolie beklebt, Einbauten im Innenraum mit Sichtschutzabdeckungen vor der Linse des Fotografen geschützt. Zusätzlich platzieren die Hersteller häufig Polster oder kleine Plastikteile unter der Folie, um das Design zu verschleiern. Am Ende steht in der Regel ein serienreifes Modell, bei dem nur noch kleine Flächen foliert sind.
Ein Sonderfall des Erlkönigs ist der sogenannte “Mule” – der „Test-Esel“. Dabei verpflanzen Hersteller die Technik, die sie erproben in eine andere Karosserie. Die stammt oft von einem älteren Versuchsträger eines anderen Modells. So erprobte BMW die Gewichtsverteilung des SUV X7, indem einer 7er-Limousine ein Gewicht auf das Dach geschraubt wurde. Auf den ersten Blick sind diese Erlkönige manchmal gar nicht als Prototypen zu identifizieren. In jedem Fall lässt sich nur schwer erkennen, für welches neue Auto hier genau getestet wird.
Da die Prototypen nicht nur optisch, sondern auch technisch ständig verändert werden, schauen sich TÜV-Prüfer jeden Erlkönig nach jedem Umbau genau an. Nur wenn der Versuchsträger verkehrstauglich ist, darf er am Straßenverkehr teilnehmen. Dafür erhält er eine Sondererlaubnis zu Versuchszwecken.
Ist jeder Erlkönig geheim?
Die Autohersteller haben ein Interesse daran, dass ihre Entwicklungen und ihr Design nicht vorzeitig publik werden. Deshalb tarnen sie ihre Prototypen. Gleichzeitig haben sie jedoch ein Interesse daran, die kostspielige Erprobung möglichst schnell durchzuführen. Deshalb kommt es häufig zu Konflikten: Während Designer den Erlkönig möglichst stark tarnen wollen, möchten Entwickler am liebsten ein möglichst seriennahes Auto testen. Auch kleine Veränderungen an der Karosserie können zum Beispiel die Aerodynamik und damit das Entstehen von Windgeräuschen beeinflussen. Das Licht aus nicht serienmäßigen Scheinwerfern lässt keinen Rückschluss auf das Verhalten der späteren Serienscheinwerfer zu.
Geheim ist ein Erlkönig nicht mehr, wenn er auf die Straße rollt. Erlkönig-Fotografen warten häufig direkt am Werkstor oder legen sich an beliebten öffentlichen Teststrecken wie dem Nürburgring auf die Lauer. Das wissen die Hersteller, die zudem ein Interesse an Berichterstattung über ihre neuen Modelle haben. So lassen sie branchenbekannten Fotografen und Redaktionen durchaus Tipps zu geplanten Tests zukommen, um das neue Modell in die Nachrichten zu bringen.
Zunehmend entdecken Hersteller den Erlkönig außerdem für PR-Zwecke und produzieren selbst hochwertige Fotoserien ihrer Versuchsfahrzeuge. Die ersten Erlkönig-Bilder des Rolls-Royce-SUV Cullinan etwa veröffentlichte Rolls-Royce selbst. VW zeigte Anfang 2023 einen Erlkönig des Elektroautos ID.7 auf der Messe CES in Las Vegas. Das Modell war mit einer Tarnfolie beklebt, die auf elektrische Impulse hin die Farbe ändert. So lässt sich das neue Auto heute schon vor seiner Premiere zu PR-Zwecken inszenieren.
Wer darf einen Erlkönig fahren?
Erprobungsfahrzeuge werden auf öffentlichen Straßen prinzipiell nur von geschulten Erprobungsfahrern gefahren. Sie müssen einen ergänzenden Prototypenführerschein erwerben und werden zusätzlich für Notsituationen besonders geschult – etwa für den Fall, dass ein in Erprobung befindliches System ausfällt. Prototypen müssen stets mit einem Not-Aus-Schalter ausgestattet sein, der das gesamte Fahrzeug stilllegt. In Ausnahmefällen dürfen auch Laien, etwa Medienvertreter, solche Versuchsfahrzeuge fahren. Dann jedoch stets unter Aufsicht eines geschulten Versuchsfahrers.
Kann man Erlkönige kaufen?
Erlkönige im Prototypenstatus dürfen nur mit einer Ausnahmegenehmigung auf öffentlichen Straßen fahren. Deshalb werden sie nach dem Serienstart des Autos nicht verkauft. Sie werden mitunter noch auf privatem Gelände, etwa dem Werksgelände des Autoherstellers, für Fahrten eingesetzt. Häufig landen sie jedoch für spätere weitere Tests im Depot oder auf einer Abstellfläche am Testgelände und werden irgendwann verschrottet.
Anders sieht es bei sogenannten Vorserienfahrzeugen aus, die vor dem Serienanlauf im Werk entstehen. Mit ihnen testet der Hersteller die Produktionsabläufe und die Qualität von Zulieferteilen. Hier ist unter Umständen eine Abgabe an Privatpersonen, etwa Werksangehörige, möglich, wenn das Auto nachweislich dem typgeprüften Serienmodell entspricht. Solche Modelle geraten gelegentlich auch in den Handel. Weicht das konkrete Auto von der Serie ab, lässt sich mitunter eine Einzelzulassung beantragen, allerdings sind die Kosten dafür sehr hoch. Daher werden solche Vorserienautos in der Regel ebenfalls verschrottet.
Darf jeder sein Auto mit Tarnfolie folieren?
Eine Folierung auf einem Auto ist prinzipiell kein Problem, wenn sie ein Tarnmuster aufweist. Allerdings dürfen, wie bei jeder Folierung, Lichter nicht verdeckt werden. Wer seine Scheiben folieren will, darf nur Folien verwenden, die für das Automodell zugelassen sind.
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Titelbild: Volkswagen
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