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Blackout: Hält das Stromnetz der E-Mobilität stand?
Überlasten zu viele Elektroautos das Stromnetz? Die Angst vor einem solchen Szenario prägte der Begriff der Zahnarztallee: Straßen, in denen jeden Abend zur gleichen Zeit dutzende Luxusautos von Tesla, Porsche oder Mercedes Strom saugen wollen. Bricht das Netz zusammen, sobald zu viele E-Autos an der Ladesäule hängen? Oder ist die Angst unbegründet, weil unser Stromnetz robust genug ist für den Mehrbedarf durch viele ladende Elektroautos?
Wir klären diese Frage anhand der wichtigsten Studien zum Thema und anhand der relevantesten Einflussfaktoren. Denn so oder so: Die Energieversorger wollen und müssen sich auf die E-Mobilität vorbereiten. Hier erfährst Du, mit welchen Maßnahmen sie das tun.
Mittelfristige Prognose: Fünf Prozent mehr Energiebedarf
Der Anteil an E-Autos auf den deutschen Straßen nimmt zu. Im Mai 2022 erreichten Elektroautos laut Daten des Kraftfahrt-Bundesamtes einen Marktanteil von 14,1 %. Auf Plug-in-Hybride, die ebenfalls Strom laden, entfallen 11,2 % der Neuzulassungen. Insgesamt sind in Deutschland bereits mehr als 1,2 Millionen Elektroautos und Plug-in-Hybride unterwegs, bei 48 Millionen insgesamt zugelassenen Pkw.
Setzt sich die Entwicklung fort, bleiben Deutschland statistisch gesehen nicht einmal mehr zehn Jahre, ehe die womöglich kritische Marke fällt: Ab einer Elektroauto-Quote von 30 Prozent könnte es zu nennenswerten Stromausfällen kommen. Das besagt zumindest eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung Oliver Wyman. 2032 dürfte diese Zahl E-Autos und Plug-in-Hybride auf unseren Straßen erreicht sein.
Peter Wüstnienhaus vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) sieht die Lage weniger bedrohlich. Der Wissenschaftler, der sich im Auftrag der Bundesregierung mit solchen Szenarien befasst, rechnet im Branchenblatt Firmenauto.de vor: Eine Million E-Autos steigern den deutschen Energiebedarf um 0,35 Prozent. 14,5 Millionen E-Autos, was einem E-Auto-Anteil von 30 Prozent entspricht, ergäbe also einen um rund fünf Prozent höheren Energiebedarf pro Jahr.
In Anbetracht der maximal im Land erzeugbaren Energiemenge wäre das noch kein Problem. Diese Auffassung vertritt auch das Bundesministerium für Umwelt. Selbst wenn Deutschland alle derzeit 45 Millionen Pkw elektrisch betreiben würde, halten einige Experten ihre Versorgung in der bestehenden Infrastruktur für denkbar. Hierbei stiege der Energiebedarf um rund 20 Prozent.
Doch die Wyman-Studie konkretisiert an anderer Stelle ihre Bedenken. Auch wenn insgesamt genug Strom vorhanden ist, drohen Probleme in Momenten hoher Gleichzeitigkeit. Sprich: Wenn viele E-Auto-Fahrer nach der Arbeit gegen 18 Uhr ihr Auto an die Säule, Wallbox oder Steckdose hängen. In Versuchen lässt sich das nachstellen. Tests in Holland zeigen laut Wüstnienhaus, dass viele gleichzeitige Ladevorgänge das lokale Stromnetz überfordern können, wenn gleichzeitig verbrauchsstarke Haushaltsgeräte wie Backofen und Staubsauger laufen. Doch die beschriebene Belastungsspitze war Teil der Versuchsanordnung. Im Alltag kann sich die Realität komplett anders darstellen.
Gleichzeitiges Laden als ungewisser Faktor
Wie der Alltag aussieht, wissen die Energielieferanten am besten. Erdgas Südwest etwa gibt an: Das gleichzeitige Laden sehr vieler Elektroautos in einer begrenzten Region kommt nur sehr selten vor. Dabei beruft sich das Unternehmen auf die überschaubare durchschnittliche Ladedauer eines E-Autos pro Woche. Rund fünf bis fünfeinhalb Stunden verbringen aktuelle Elektroautos im Zeitraum von sieben Tagen durchschnittlich an der Steckdose.
Nur die wenigsten Elektroauto-Fahrer laden jeden Abend. E.On sieht ebenfalls kein wirkliches Problem der möglichen Überlastung durch Gleichzeitigkeit. Schließlich benutze man auch den Fön, den Staubsauger oder die Kaffeemaschine meist nicht gleichzeitig. Allerdings laufen solche Geräte meist nicht so lang, wie ein E-Auto lädt. Bei stundenlangen Ladevorgängen ist die Wahrscheinlichkeit mehrerer zeitgleich ladender Elektroautos schlicht höher.
Was ist von all diesen Prognosen zu halten? Eine treffende Perspektive liefert die Wirtschaftstheorie. Sie lautet: Abwarten und Käuferschichten analysieren. Denn das typische, durchschnittliche Nutzungsverhalten ändert sich beim E-Auto rapide. Das liegt vor allem daran, dass diese Antriebstechnik mit jedem Jahr am Markt neue Gesellschaftsgruppen erreicht. Einige Studien, aus denen häufig zitiert wird, stammen noch aus einer Zeit, in der die Technologie gerade die ersten Schritte in den Markt machte. Und zwar folgte man dem so genannten Adoptionsmodell, das vor allem bei technologie-affinen und risikobereiten Käuferschichten Fuß fasste. Sie sind die sogenannten Early Adopter, die hohe Kosten und große Unwägbarkeiten auf sich nehmen, um die neueste Technologie zu erleben.
Ob das E-Auto mittlerweile in der Gesellschaftsmitte angekommen ist, bleibt letztlich Definitionssache. Sagen lässt sich anhand der aktuellen Absatzzahlen, dass die traditionell zurückhaltende Käuferschicht der konservativen späten Mehrheit tendenziell noch kein E-Auto in der Garage stehen hat. Die finale, „Nachzügler“ getaufte Gruppe wird der Marketing-Theorie zufolge ohnedies erst dann ein E-Auto kaufen, wenn es keine Verbrenner-Alternative mehr gibt.
Was all dies für die Frage der Gleichzeitigkeit bedeutet? Der (Strom)-Kreis schließt sich unter Berücksichtigung der Erwerbsmodelle dieser Käufergruppen. Wer aktuell bereits ein E-Auto fährt, arbeitet mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit im klassischen nine-to-five-Rhythmus als der Käufer der Zukunft. Das bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit gleichzeitigen Ladens im Laufe der Jahre steigen müsste. Allerdings kann sich auch das Arbeitsverhalten der Mehrheit in den kommenden Jahren stark verändern, wie nicht zuletzt die Corona-Pandemie bewiesen hat. Dies zeigt ein weiteres Mal, wie schwierig sich heute passgenaue Prognosen zum künftigen Lade-Verhalten gestalten.
Lokale Blackouts und wie sie verhindert werden sollen
Aus all diesen ungewissen Faktoren und Interpretationen kristallisiert sich unter den Experten zumindest ein Konsens heraus: Lokale Überlastungen sind wesentlich wahrscheinlicher als der überregionale oder gar landesweite Blackout.
Dann nämlich, wenn viele gleichzeitig ladende E-Autos einen Netzabschnitt überfordern – die beschriebenen Zahnarztalleen eben. Laut dem Energieversorger EnBW existiert für jeden dieser lokal begrenzten Bereiche eine vordefinierte Belastungsgrenze. Wird sie überschritten, liegt der Straßenabschnitt im Dunkeln.
Die möglichen Lösungsansätze reichen neben einer pauschalen Ertüchtigung des Netzes vom staatlich verordneten Ladeverbot zu bestimmten Zeiten bis hin zu einem zentral gesteuerten Energie-Management. An erstere Lösung denkt zum Beispiel Großbritannien. Dort könnten Ladestationen laut Medienberichten an Wochentagen zwischen 8 und 11 Uhr sowie zwischen 16 und 22 Uhr abgeschaltet werden, um Belastungsspitzen zu vermeiden. Betroffen wären vor allem private und firmeneigene Ladepunkte.
Die Autos müssten dann ihren Akku zu anderen Zeiten füllen. Etwa in der Nacht, wenn die meisten Haushaltsgeräte ausgeschaltet sind. Öffentliche Ladestationen blieben in dieser Zeit dennoch aktiv, die meisten jedenfalls. Aber auch hier könnte die Versorgung an zufällig ausgewählten, öffentlichen Ladepunkten für 30 Minuten ausgesetzt werden. Das würde vor allem Langstreckenfahrer treffen.
Eine Wunschlösung der Strombranche sind solche radikalen Eingriffe nicht. Mehrere deutsche Energieversorger und IT-Dienstleister streben eine aufwendigere und intelligentere Lösung an. Ein gezieltes Lade-Management soll Stromspitzen in einem bestimmten Netzabschnitt erfassen und Ladevorgänge bei einer drohenden Überlastung automatisch auf einen späteren Zeitpunkt verschieben.
Der wesentliche Unterschied dieses Ansatzes zum harten Abschalten der Ladesäule: Der Endverbraucher bekäme vom lenkenden Eingriff weniger mit. Dies gilt zumindest dann, wenn er sein Auto nicht zu ungewöhnlichen Zeiten benötigt. Ein übliches individuelles Lade- und Nutzungsverhalten soll dieses intelligente lokale Lade-Management dabei berücksichtigen. Es weiß also, wann ein Auto in der Regel stillsteht – etwa jeden Abend ab 20 Uhr bis morgens um 8:30 Uhr.
Das sicherste Mittel gegen den lokalen Stromausfall ist allerdings die Ertüchtigung des Netzes. Diese Lösung ist gleichzeitig die aufwendigste und am langfristigsten angelegte Maßnahme: Die vorhandenen Netzausbaupläne sehen für neue elektrische Systeme oder Revitalisierungen bestehender Leitungen größere Querschnitte der Kabel vor. Daneben planen Energieversorger wie EnBW nach eigenen Angaben für die Zukunft mit größeren Trafo-Stationen. Darin soll bei Bedarf mehr Platz für größere Transformatoren bereitstehen.
Fazit
Der flächendeckende Blackout durch E-Autos ist nicht zu befürchten, lokal sind Probleme in einzelnen Netzabschnitten denkbar. Solange weniger als rund 30 Prozent Elektroautos in Deutschland fahren, ist unser Stromnetz jedoch schon heute bereit für die Elektromobilität. Diese Zahl könnte bei Fortschreiten der bisherigen Entwicklung am Neuwagenmarkt um 2032 erreicht sein.
Unser Netz könnte voraussichtlich auch mehr Elektroautos gut verkraften, da sich das Nutzungsverhalten der E-Auto-Fahrer und das Verbrauchsverhalten der Haushalte voraussichtlich ausreichend differenziert. Kommt es lokal dennoch zu Schwierigkeiten, existieren seitens der Netzbetreiber mehrere Strategien und praktische Ansätze, die sich zum Teil sehr schnell umsetzen lassen.
So können die Versorger sich Zeit kaufen, bis das Netz flächendeckend tüchtig genug ist für die elektromobile Zukunft – und die Herausforderungen der regenerativen Stromversorgung. Wo und wie oft solche Strategien benötigt werden, hängt an einer schwer berechenbaren Variablen: Dem Ladeverhalten künftiger Elektroauto-Nutzer.
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Titelbild: iStock
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